18 April 2017

Die dritte Epoche für PERRY RHODAN NEO?

Ein Logbuch der Redaktion

Als wir im Jahr 2011 die erste Ausgabe von PERRY RHODAN NEO veröffentlichten, mangelte es nicht an kritischen Stimmen: Nimmt der Zeitschriftenhandel ein »Taschenheft« – so nennt man ein solches Produkt tatsächlich, obwohl da nichts geheftet wird – auf, das nicht in die gängigen Raster passt?

PERRY RHODAN NEO kommt schließlich in einem Format daher, das normalerweise für jene Art von »Frauenromanen« gedacht ist, die in erster Linie vom Cora-Verlag veröffentlicht werden. Science Fiction in diesem Format galt bisher als unverkäuflich; die Kollegen von Bastei-Lübbe hatten es vor vielen Jahren mit den »Ufo-Akten« versucht. »Das kann nicht klappen«, sagten uns alle, die glaubten, sich im Zeitschriftenhandel auszukennen.

In der Tat haben wir es nicht einfach mit den Romanen: Die Händler wissen oft nicht, wohin sie die einzelnen Bände zu legen haben, und lassen sie deshalb häufig gleich im Lager, packen sie nicht ins Regal. Legt der Händler die NEO-Romane zu den anderen Taschenheften, werden sie zwischen »Julia« oder »Baccara« kaum gefunden. Packt er oder sie die NEO-Romane zu den Heftromanen, sind sie zu klein oder fallen durch den Drehständer.

tl_files/comic/images/cover/neo/neo01.jpgAm besten wäre, man würde sie zu den Science-Fiction-Taschenbüchern stellen – aber die sind im Zeitschriftenhandel eher selten. Keine einfache Mission ...

Diese Gedanken und Überlegungen bestimmen die Arbeit an PERRY RHODAN NEO von Anfang an. Nicht einmal die größten Optimisten konnten sich deshalb vorstellen, dass die Serie einmal bis Band 100 kommen würde. Frank Borsch steuerte allein die Exposéarbeit, diskutierte viele Exposés mit den Autorinnen und Autoren durch; er arbeitete auch intensiv an den Romanen mit. Im Jahr 2015 entschloss er sich, mit Band 100 sein Amt als Exposéautor abzugeben.

Mit Band 101 begannen wir unsere »zweite Epoche«: Rüdiger Schäfer und Michael H. Buchholz übernahmen die Exposéarbeit für PERRY RHODAN NEO. Die Handlungsführung wurde geändert, einige der offenen Fragen aus der »Borsch-Ära« beantwortet, neue Handlungsfäden aufgebaut. Die Serie bewegte sich durch die einzelnen Staffeln langsam und stetig auf den Band 150 zu – dass wir diesen erreichen würden, hatten wir anfangs auch kaum geglaubt.

Seien wir ehrlich: Die Situation im Handel hat sich seitdem nicht gebessert, eher verschlechtert. Es wird immer schwieriger, PERRY RHODAN NEO gut zu platzieren. Und weil es keine Bücher sind, kann man die gedruckten Exemplare auch kaum über Vertriebskanäle wie Amazon beziehen. Wir sind darauf angewiesen, im Zeitschriftenhandel zu verkaufen, Abonnements anzubieten oder eben – und das wird immer wichtiger! – die digitale Schiene auszubauen. Die E-Books sichern letztlich die gedruckte Ausgabe ab.

In vielen Gesprächen mit den Exposéautoren brachte ich solche Themen zur Sprache. Die beiden Autoren wurden von mir über solche Probleme auf dem Laufenden gehalten – wichtiger war aber immer, dass sie eine Geschichte entwickelten, die in Staffeln und Einzelbänden zu erzählen war. Das gelang ihnen von Staffel zu Staffel besser.

Dann kam der verhängnisvolle Tag im März. Wir alle wussten, dass Michael H. Buchholz schwer krank war; wir kannten seine Situation, und ich bewunderte ihn für seinen Lebensmut und seinen tapferen Kampf gegen die Krankheit. Am Ende verlor er – Michael starb mit 59 Jahren. Am Tag seines Todes hatten wir die Druckfreigabe für seinen letzten Roman erledigt und den Band in die eigentliche Produktion geschoben.

»Verkünder des Paradieses« wurde zu seinem letzten Roman für PERRY RHODAN NEO.

Michael trug zum anstehenden Handlungsbogen ab Band 150 viele grundlegende Ideen bei. Er wollte zusammen mit Rüdiger Schäfer den Jubiläumsband 150 schreiben; in seinem Kopf wimmelte es von Vorschlägen und Konzepten für die neuen Staffeln. Leider wird er die Veröffentlichung dieser Ideen nicht erleben. Wir sind deswegen immer noch sehr traurig.

So schlimm es klingen mag: Wir müssen weitermachen, PERRY RHODAN ist ein Generationenprojekt, das seit 1961 erscheint, und bei PERRY RHODAN NEO gelten ähnliche Regeln. Also überlegten sich Rüdiger Schäfer und ich, wie es weitergehen sollte. Der Autor, der »nur nebenbei« schreibt und einen »richtigen Hauptberuf« hat, kann die Exposéarbeit nicht allein stemmen – das ist aus zeitlichen Gründen nicht zu schaffen.

Ich sprach mit Rainer Schorm. Der Autor aus Freiburg hat sich in den vergangenen Jahren zu einer wahren Stütze für PERRY RHODAN NEO entwickelt. Ich kenne ihn seit den 80er-Jahren, er lieferte damals auch Beiträge für mein Fanzine. Ich weiß, dass Rainer sehr kooperativ und zuverlässig ist; er hat einen analytischen Blick auf die Serien, und er beteiligte sich schon immer engagiert mit Ideen, Vorschlägen und Konzepten.

Rainer Schorm wird nun der neue Exposéautor an der Seite von Rüdiger Schäfer. Bereits im März 2017 kam es zu einem ersten Treffen der beiden Autoren in Leverkusen; gemeinsam arbeiten sie schon an der Handlungsstaffel ab Band 151. Erste Überlegungen zu den kommenden Inhalten werden wir bei Gelegenheit bekannt geben.

Damit kann die »dritte Epoche« von PERRY RHODAN NEO beginnen. In einem enger und kritischer werdenden Markt, in dem eine kleine Science-Fiction-Serie im Taschenheft-Format große Probleme hat, steuern die beiden Autoren nun gemeinsam mit ihren Exposés weiter voran – über Grenzen hinweg, die wir uns 2011 nicht einmal vorstellen wollten.

Bei aller Trauer über den Verlust von Michael H. Buchholz: Ich wünsche den beiden Exposéautoren bei den weiteren Abenteuern ein glückliches Händchen und viel Erfolg!

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