02 Juli 2016

Ein Band für Peter Terrid

Aus der Serie »Der Redakteur erinnert sich«

»Wenn Sie Ideen haben, Herr Frick – dann immer nur her damit!« Diese Aussage der Verlagsleitung nahm ich in den 90er-Jahren ernst. Eine der vielen Ideen, die ich in dieser Zeit intern vorbrachte, hatte einen traurigen Anfang: Im Dezember 1998 war Peter Terrid ganz überraschend gestorben.

Nicht nur ich war sehr betroffen von dem Tod des Kollegen, auch die Bestürzung in der Fan-Szene war groß. Peter war nicht nur ein sehr guter Autor gewesen, er hatte sich vor allem in den zwei Jahren vor seinem Tod stark mit der Fan-Szene auseinandergesetzt.

Nachdem er jahrelang allen Cons ferngeblieben war, hatte er seine Freude an Fan-Veranstaltungen entdeckt: Er diskutierte engagiert und pointiert mit den Lesern unserer Serie. Was also lag näher, so dachte ich, dem Autor mit einem Sonderband nachträglich ein Denkmal zu setzen?

Ich erzählte von meiner Idee sowohl der Verlagsleitung als auch den Kollegen im Buchvertrieb davon. Dabei blieb ich sehr vorsichtig; der Vertrieb war vor allem auf die Silberbände spezialisiert und zeigte sich gegenüber neuen Ideen eher unwillig. »Wir können PERRY RHODAN nur verkaufen, wenn es aussieht wie ein Silberband«, war die offizielle Aussage. Nach dem eher kläglichen Scheitern der »Space Thriller« konnte ich dieser Argumentation wenig entgegen setzen.

Entsprechend verhielt ich mich. »Ein solcher Band könnte in vergleichsweise kleiner Auflage (5000 Exemplare) und mit Silbergestaltung bei VPM erscheinen«, formulierte ich in einem Arbeitspapier. Ich bot allerdings gleich die andere Möglichkeit an, einen solchen Titel zu lizenzieren: »In einer anderen Gestaltung könnte er jedoch ebenso bei Weltbild, BUZ oder einem anderen Vermarkter produziert werden.«

Beim Inhalt wollte ich auf »Nummer sicher« gehen. Ich schlug einen Hardcover-Band vor, der rund 400 Seiten stark sein sollte – wie ein Silberband eben. Er sollte »drei Taschenbücher enthalten, die zu den beliebtesten des verstorbenen Autors gehören«. Angedacht waren »Aufstand der Posbis«, den ich als Jungleser schon geliebt hatte, und »Das Ende der Duplos« sowie der sehr kontroverse Band »Schmied der Unsterblichkeit«.

Dazu sollte ein ausführliches Porträt des Autors kommen, nebst einer Auflistung aller von ihm geschriebenen PERRY RHODAN- und ATLAN-Titel. Als Autor dieses Artikels dachte ich an Heiko Langhans, von dem ich wusste, wie gut er sich bei PERRY RHODAN und seinem Umfeld auskannte.

Bei der Gestaltung wollte ich sehr konservativ sein. Ich kannte mittlerweile die Vertriebskollegen gut genug: Wenn die Kollegen einen PERRY RHODAN-Titel nur als Silberband in den Buchhandel bringen konnten, musste ich eben auf Silber setzen. Allerdings ohne 3-D-Bild ... »Das gezeichnete Titelbild sollte einen idealisierten Terrid-Kopf im Raumfahrerhelm zeigen«, schlug ich vor. Zeichner sollte Swen Papenbrock sein.

Ich dachte bereits darüber nach, wie ein solches Buch redaktionell geplant und verwirklicht werden könnte. Für mich war klar, dass man nicht einfach die Original-Taschenbücher »eins zu eins« übernehmen konnte. »Die Taschenbücher sind ein wenig veraltet, wir müssen die noch einmal neu lektorieren lassen«, machte ich im Einzelgespräch klar. Als Lektor schlug ich Dr. Hartmut Kasper vor – unter seinem Pseudonym Wim Vandemaan wurde er später PERRY RHODAN-Autor.

Der Überlegung, man könnte »doch ganz einfach« die Satzvorlagen früherer Jahre übernehmen, erteilte ich eine klare Absage. »Das muss ein neues Buch werden«, betonte ich in jedem Gespräch. »Wenn wir so ein Buch als Gedenkband machen, muss er würdig aussehen.« Und dazu zählte für mich auch, dass man ein frisches Schriftbild nahm und nicht die uralten Satzfahnen verwendete.

Wie es sich für ein Konzept gehörte, machte ich mir ausführliche Gedanken über Garantiehonorare, Lektoratskosten, Titelbildpreise und weitere Details. Überall versuchte ich, so sparsam wie möglich zu sein. Ebenso schlug ich in meinem Arbeitspapier sowie in persönlichen Gesprächen einen Zeitplan vor. Dieser sah unter anderem eine enge Zusammenarbeit mit Versendern wie Transgalaxis oder der Romantruhe vor.

Mit der Buchproduktion wollte ich bereits im Januar 1999 beginnen – dann hätte das Buch recht schnell erscheinen können. Aber leider geschah erst einmal gar nichts. Ich diskutierte das Thema mehrfach mit dem Vertrieb und der Verlagsleitung, doch es wurde keine Entscheidung getroffen.

Aber so richtig abgelehnt wurde mein Konzept ebensowenig. Es versickerte einfach auf den Treppenstufen und Fluren des Verlages. Und weil wir genügend zu tun hatten, rutschte das Projekt auch bei uns in den Gedanken »nach hinten«.

Am 29. Juni 1999 kramte ich es noch einmal hervor. Für die Vertriebskollegen, so dachte ich, könnte es interessant sein, das Thema beispielsweise bei Partnern wie Weltbild anzubringen. Immerhin hatte Peter Terrid sowohl beim »Traversan«- als auch beim »Thoregon«-Zyklus mitgeschrieben, die zu der Zeit von Weltbild veröffentlicht und vertrieben worden waren. Als Zielgruppe definierte ich: »Alle PERRY RHODAN-Fans. Eventuell auch Freunde allgemeiner SF-Literatur, die den Autor für seine Werke geschätzt haben.«

Ich nannte einige Verkaufsargumente: »abgeschlossene, spannende Romane / vergriffene Geschichten neu aufgelegt / beliebtester PERRY RHODAN-Autor / attraktiver Preis, klare Gestaltung« ... Aber es nutzte nichts. Das Projekt starb erneut. Mir wurde klar, dass ich mich auf die Fans verlassen musste, wenn ich einen Gedächtnisband für Peter Terrid wollte.

Sabine Kropp machte mir in einem Vier-Augen-Gespräch klar: »Ich glaube, wenn wir bei Weltbild ein Buch lizenzieren wollen, geht das nur, wenn du das den Leuten direkt verkaufst.« Ihre Argumentation: Wenn ich dem Vertrieb erklären musste, was er dann den Partnern in anderen Verlagen erklären sollte, war das einfach zu viel an »stiller Post«.

Das war unsere Lehre aus dem Scheitern des geplanten Terrid-Bandes: Wir würden künftig als Redaktion direkt mit anderen Verlagen verhandeln – und uns nicht mehr auf die bisherigen Abläufe verlassen ...

Keine Kommentare: