24 Juni 2016

Ich war beim Literatur-Camp 2016

Ein Logbuch der Redaktion

Wer bei der Überschrift irritiert schaut, dem geht es wie mir bis vor wenigen Tagen: Was ist eigentlich ein Literatur-Camp? Oder, um es korrekter zu sagen: Was ist das #litcamp16? So zumindest schreibt man es korrekt, wenn die Veranstaltung beim Kurznachrichtendienst Twitter erwähnt wird.

Ich versuche es mit Zahlen: 160 Personen treffen sich in einem Gebäude in Heidelberg, sie trinken 800 Tassen Kaffee, schreiben über 6000 Tweets – also Kurznachrichten bei Twitter – und veranstalten 65 Sessions. Eine Session kann ein Vortrag sein, ebensogut eine Diskussionsrunde, ist im wesentlichen also ein Programmpunkt.

Anders gesagt: Das Literatur-Camp in Heidelberg war eine Veranstaltung für Menschen, die sich für Literatur interessieren, die schreiben und lesen und produzieren und die darüber reden möchten. So fanden sich Autoren und Bloggerinnen, Journalistinnen und Web-Designer, E-Book-Vertriebsleute, Übersetzer, Verlagsleute und »ganz normale« Literaturfreunde ein.

Ich selbst fuhr am Samstag morgen, 11. Juni, in Karlsruhe los. Den Veranstaltungsraum fanden meine Mitfahrerin und ich recht schnell, dort benötigte ich einige Zeit, um mich zu akklimatisieren. Der Eintritt kostete 20 Euro für die zwei Tage, Getränke und Essen waren dank vieler Sponsoren ebenso im Preis enthalten wie die Technik und eine Tüte mit allerlei Verlagsgeschenken. Für das, was man geboten bekommt, finde ich das immer noch unglaublich preiswert.

Es gab eine kleine Vorstellungsrunde, bei der jeder nur wenige Worte sagen durfte, dann wurden die Sessions geplant. Was das heißt, erfuhr ich bei dieser Gelegenheit zum ersten Mal. Man füllte ein Formular aus, stellte danach seine Session kurz der gesamten Versammlung vor. Die Organisatoren schauten, wie viele sich für welche Session interessierten, und verteilten anschließend die Sessions auf die jeweiligen Zeitfenster und Räume.

Und so saß ich bereits am Vormittag – zusammen mit zwei, drei Dutzend anderen Leuten – in einem Raum, um mich über das »Schreiben für Computerspiele« informieren zu lassen. Das Ganze dauerte maximal eine Stunde, überziehen durfte niemand, und die Zeitpläne wurden eisern eingehalten.

In der Mittagspause unterhielt ich mich mit vielen Leuten, bevor ich eine Session über das »Schreiben über Behinderung« besuchte. Danach war ich selbst dran. Meine Session »Von Print zu Digital« schilderte die Entwicklung der PERRY RHODAN-Serie vom  ausschließlich gedruckten Heftroman zum multimedialen Thema. Die zwei Dutzend Besucher hörten interessiert zu, stellten viele Fragen, diskutierten auch.

Meine zweite Session war nicht so gut besucht: »Wie arbeitet man mit Autorenteams?«, so lautete meine Frage, und wir waren zu fünft und später zu sechst. Dafür fand ich die Gesprächsrunde, die sich dann ausbildete, sehr interessant.

Danach saß ich in keiner Veranstaltung mehr, sondern unterhielt mich vor allem mit anderen Besuchern. Das »Netzwerken« empfand ich als den spannendsten Teil der Veranstaltung – wie bei einem Science-Fiction-Con unterhält man sich mit Leuten, die ähnliche Themen spannend finden wie man selbst. Und wie immer ist zu wenig Zeit vorhanden, um mit allen zu sprechen.

Ich fuhr abends nach Hause. Viele Teilnehmer besuchten noch die Abendvorträge, die eher unterhaltsam und weniger informativ waren, um hinterher bei Bier und Wein bis spät in die Nacht zusammenzusitzen. Am Sonntag morgen, 12. Juni 2016, sahen einige auch entsprechend müde aus.

Da ich von der technischen Seite eines E-Books nicht so viel verstehe – um es zurückhaltend zu formulieren –, fand ich einen Vortrag höchst interessant, in dem den Zuhörern erklärt wurde, was es mit dem Format epub 3 auf sich hat: Was kann man damit machen, welche Möglichkeiten gibt es, und – vor allem! – wieviel kostet eine solche E-Book-Produktion eigentlich?

Für mich als Redakteur war eine Session mit der Bestsellerautorin Nina George besonders interessant. »Das Lavendelzimmer« war ihr größter Erfolg, mit diesem Buch wurde sie zu einer international bekannten Schriftstellerin. Auf dem Literatur-Camp zeigte sie, wie man mithilfe einer »Figurenaufstellung« einen Roman und seine Figuren konzipieren kann. Bei diesem Programmpunkt wurden Teilnehmer zu Romanfiguren (ich war zeitweise Harry Potter), und es wurde allgemein sehr viel gelacht.

In zwei weiteren Sessions, die ich besuchte, ging es um Literatur-Blogs, von denen es im deutschen Sprachraum immer mehr gibt.  Fachleute gehen von über tausend Blogs aus, die sich mit Literatur beschäftigen, und für die Verlage werden diese Blogs zu immer wichtigeren Marketingpartnern. Wie sehr gehen Verlage und Blogger aufeinander zu, und wie kann eine mögliche Professionalisierung aussehen? Es wurde viel diskutiert, ich beteiligte mich auch gelegentlich mit meiner Meinung – in diesem Fall aus Sicht eines Verlagsredakteurs.

Als ich am frühen Sonntagabend die Heimreise antrat, war ich voller Ideen, neuer Kontakte und weitergehenden Überlegungen. Das Literatur-Camp hatte mich richtiggehend beflügelt, und ich war mir sicher, dass sich einige dieser Gespräche auch in der Arbeit von und mit PERRY RHODAN niederschlagen werden: nicht in diesem Jahr vielleicht, aber in naher Zukunft.

Vor allem hatte mir gefallen, wie viele unterschiedliche Menschen an diesem Camp teilnahmen und wie positiv die Stimmung war. Wer sich davon überzeugen möchte, kann im Netz eine schöne Bildergalerie oder einen kurzen Youtube-Film anschauen, die mehr dazu aussagen.

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