13 April 2016

Der Mythos Lemuria

Aus der Serie »Der Redakteur erinnert sich«

Frank Borsch entwickelte nicht nur als Autor am laufenden Band viele Ideen, sondern auch während seiner Zeit als PERRY RHODAN-Redakteur. Als er in der PERRYRHODAN-Redaktion arbeitete, verbrachten wir regelmäßig die Mittagspausen damit, uns über neue Überlegungen zu begeistern.

Eine Idee, die er gelegentlich vorbrachte, war die, das Thema Generationenraumschiffe in die Serie einzubringen. »Diese Science-Fiction-Idee findet bei PERRY RHODAN bislang nicht statt«, argumentierte er, »zumindest nie in der Hauptserie.«

Im Gespräch entwickelten wir diese Überlegung weiter, und er schlug irgendwann vor, zwei Mythen miteinander zu verbinden. So seien doch viele Leser daran interessiert, weitere Geschichten über das untergegangene Imperium der Lemurer zu lesen. Hierzu würde er gern neue Geschichten erzählen – und diese könnte man mit dem Mythos der Generationenschiffe verbinden. »Das müssten wir auch den Kollegen bei Heyne schmackhaft machen können«, meinte Frank.

Im Verlauf des Sommers 2003 diskutierten wir das Thema immer wieder neu. Frank begeisterte sich für die »Lemuria«-Idee. Man müsste in diesem Fall, so argumentierte er, einen Heyne-Staffel einmal »ganz anders« angehen. Seiner Überlegung nach hätten wir mit den sechs Bänden des »Andromeda«- und des »Odyssee«-Zyklus eigentlich zweimal dieselbe Geschichte erzählt: »Es ging immer um eine Invasion, und Perry Rhodan muss sich den Unterdrückten zur Seite stellen.«

Wie wäre es denn, so überlegte Frank Borsch, wenn wir eine ganz neue Geschichte erzählen würden? Eine, die nicht von einem kriegerischen Konflikt ausgehen würde, sondern von einer Rätselgeschichte? Er telefonierte mit Hubert Haensel: Ob der Autor sich vorstellen könnte, an einem solchen Konzept aktiv mitzuarbeiten?

Hubert Haensel wollte – in der Folge diskutierten der Redakteur und der Autor mehrfach über das Thema, und gemeinsam entwickelten sie ein inhaltliches Konzept. Zu diesem Zeitpunkt war ich mit anderen Themen beschäftigt und blieb der »Lemuria«-Arbeit fern; Frank informierte mich selbstverständlich regelmäßig über die Fortschritte.

Der Autor und der Redakteur überlegten, wie man einen Haluter als Element in die Handlung einbringen könnte und wie man es schaffen könnte, eine Zeitreise mit allem zu verbinden. Die Konzepte, die sie erarbeiteten, klangen spannend – und Ende des Jahres 2003 stand ein Konzept, mit dem man arbeiten konnte. Jetzt musste es nur noch den Kollegen bei Heyne gefallen, deren Vertriebsleute sollten die zu schreibenden Romane dann ja schließlich verkaufen.

Frank formulierte ein knappes Arbeitspapier, das gerade mal zwei Seiten umfasste. Es stellte klar, welche Handlung wir erzählen wollten und wer die einzelnen Romane schreiben könnte. Vor allem griff es auch einige Marketing-Aspekte auf. Frank und ich stimmten uns ab, besprachen einige weitere Details und waren uns dann einig, dass das Konzept im Buchhandel gut funktionieren müsste.

Am 13. Januar 2004 fuhr ich nach München. In den Räumen des Heyne-Verlages, unweit des Bahnhofs gelegen, besprach ich mit Sascha Mamczak, dem zuständigen Lektor für Science Fiction und Fantasy, die nächste Taschenbuchstaffel. Wir waren uns grundsätzlich einig, dass wir eine dritte Staffel machen wollten; immerhin hatten sich die Taschenbücher der »Andromeda«- und der »Odyssee«-Staffel sehr gut verkauft.

Auch das inhaltliche Konzept, das Frank formuliert hatte, fand Sascha Mamczak prinzipiell gut. Den Titel mochte er, allerdings hätte er gern einen »allgemeineren Titel«. Er fände beispielsweise »Exodus« sehr ansprechend; damit könnte man auch Leser erreichen, die keine Ahnung von PERRY RHODAN hätten. Ich argumentierte damit, dass die neue Heyne-Staffel »rhodanischer« klingen müsse, damit wir die PR-Fans besser erreichen können. Dieses Argument klang wohl überzeugend.

Für den ersten Roman wünschte sich der Heyne-Lektor einen stärkeren »Begin With A Bang«, wie er es nannte. Ihm hatte der erste Band von »Odysseee« nicht gefallen; dieser war ihm zu langsam gewesen. Man habe doch da gleich mit der Landung in der Zukunft beginnen müssen.

»Wir brauchen ein großes tragendes Geheimnis, das für alle sechs Bände gilt und die Leser stärker bei der Stange hält«, war eine seiner zentralen Forderungen. Ich war mir sicher, dass die Konzepte von Frank und Hubert hierfür ideal waren. Immerhin konnte der Kollege von Heyne mit den Titeln richtig gut leben.

Als Illustrator für die Titelbilder wollte er erneut Oliver Scholl einsetzen. Damit dieser mit der Arbeit beginnen konnte, benötige er bis Ende Januar 2004 ein »ausgereiftes Konzept mit fertig stehenden Titeln«, um loslegen zu können.
Als ich an diesem Tag von München zurück nach Karlsruhe fuhr, hatte ich den Kopf voll mit neuen Überlegungen und Plänen. Ich war mir sicher, dass wir einen schönen »Sechsteiler« hinbekommen würden, und war sehr zufrieden mit dem bisherigen Verlauf unserer Vorarbeiten ...

1 Kommentar:

J. hat gesagt…

M.E. ist Lemuria mit das Beste was es im Perryversum gibt. Es ist eine der ganz wenigen Geschichte wo eine Zeitreise einen Sinn ergibt. Es war wirklich ein perfektes Szenario mit der perfekten Autorencrew. Kein Einzelband fällt ab, alle Autoren agieren auf hohem Niveau. Rundum gelungen!!