01 September 2008

Scheer-Geschichten zum Nachlesen

Ein Logbuch der Redaktion

Denke ich an Karl-Herbert Scheer, kommen mir selbstverständlich in erster Linie seine großen PERRY RHODAN-Romane ins Gedächtnis. Angefangen mit »Unternehmen Stardust« bis hin zu den Jubiläumsbänden der Frühzeit, in denen bedeutende Figuren und Raumschiffe eingeführt wurden: der Haluter Icho Tolot in Band 200, der Freihändler-König Roi Danton in Band 300, das Fernraumschiff MARCO POLO in Band 450. Scheer-Romane prägten die PERRY RHODAN-Serie in ihren Anfängen, und ich habe vor allem die »wichtigen« Bände nach wie vor sehr gut im Gedächtnis.

Ebensowenig vergessen kann ich allerdings die herausragenden Einzelwerke des Schriftstellers, die damals in den gelben Taschenbüchern der Reihe »Utopia Classics« erschienen: Die Centaurus-Trilogie zog mich ebenso wie Einzelromane – »Der Verbannte von Asyth« oder »Korps der Verzweifelten« – als Jugendlichen in ihren Bann. Beeindruckende Technik-Schilderungen, faszinierende Helden und immer wieder ein kosmischer Hauch – das war Science Fiction, wie sie in den fünfziger und sechziger Jahren aufkam und wie man sie auch heute noch lesen kann.

Umso erfreulicher finde ich, dass die Aktivisten des Terranischen Clubs Eden die Buchreihe »Kommandosache K.H. Scheer« publizieren. Mittlerweile liegt ja der fünfte Band vor, er kam zum achtzigsten Geburtstag des Schriftstellers heraus, und ich habe ihn endlich gelesen. Im Stil eines klassischen SF-Romans trägt der »Geburtstagsband« den Titel »CODE 80: Neunzehn-Sechs-Null-Acht«. Die 226 Seiten sehen sehr professionell aus; hinzu kommt ein farbiges Titelbild von Rüdiger W. Wick.

Mir persönlich haben die zwei Erzählungen des Schriftstellers am meisten Spaß gemacht. »Diplomatische Mission« und »Die zweite Phase« erschienen erstmals in Sammelbänden und liegen jetzt erstmals seit Jahrzehnten wieder gedruckt vor; beide Geschichten spielen im PERRY RHODAN-Universum und zeigen sehr schön die Stärken und Schwächen des Autors. Im Prinzip wirken die Texte so, als habe K.H. Scheer versucht, auf möglichst wenig Raum möglichst viel Inhalt mit den stilistischen Mitteln eines Heftromans unterzubekommen – das erzeugt eine sehr komprimierte Erzählweise. Unterhaltsam fand ich das auf jeden Fall.

Neben einer Reihe weiterer Texte – unter anderem ist ein Vorwort von Horst Hoffmann enthalten – faszinierten mich in dem Buch vor allem die historischen Beiträge. Es handelt sich dabei um Fanzine-Auszüge aus den frühen Jahren der deutschen SF-Szene. Ich habe die Beiträge aus dem legendären Fanzine STELLARIS, dem Organ der »STELLARIS-sf-Interessengemeinschaft«, mit großem Interesse gelesen, weil ich diese Art fannischer Geschichtsschreibung schon immer spannend fand und mir mehr Literatur zum Thema wünsche.

Die fünfziger Jahre mit ihrem Aufbruchsgeist werden in diesen Auszügen ebenso lebendig wie die vielen Streitereien zwischen den verschiedenen Fan-Fraktionen. Ein kleiner Nachteil dabei: Da die Texte nicht kommentiert werden, braucht man ein wenig Vorab-Information, um alles zu verstehen; als Neuleser steht man sicher ratlos vor den Texten. Ich fand's lesenswert, unter anderem deshalb, weil neben den Scheer-Kolumnen eben auch die alten Grafiken und Fotos zu bewundern waren. Geschichtsstunde zur Frühgeschichte des Fandoms – sehr schön!

Ich finde, der Herausgeber Kurt Kobler und der Redakteur Joachim Kutzner haben ein Werk zusammengestellt, das rundum gelungen ist: von der Optik bis hin zum Inhalt. Mag sein, dass die kritische Betrachtung des Scheerschen Werks nicht enthalten ist – zum achtzigsten Geburtstag des Autors wäre das meiner Ansicht aber auch nicht angemessen gewesen. Wer mehr über die Vorgeschichte zu PERRY RHODAN und einen seiner wichtigsten Macher wissen will, kommt auf jeden Fall kaum an der Buchreihe des Terranischen Clubs Eden vorbei.

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