14 Mai 2008

WeltCon-Planungen fürs Jahr 1996

Aus der Serie »Der Redakteur erinnert sich«

Eigentlich war alles ganz logisch: 1980 gab es für die Fans einen PERRY RHODAN-WeltCon, um den Band 1000 entsprechend zu zelebrieren, 1986 wurde das 25-jährige Jubiläum mit einem WeltCon feierlich begangen, und 1991 stieß man auf dreißig Jahre PERRY RHODAN an.

Was also lag näher, als auch 1996 eine große Veranstaltung auszurichten, um 35 Jahre PERRY RHODAN entsprechend an die Öffentlichkeit zu bringen? Ein WeltCon wäre für die Fans eine tolle Geschichte, über die sich alle freuen würden; zudem hatten die WeltCons immer eine schöne Presseresonanz zur Folge, und diese beflügelte stets die Serie.

Zumindest innerhalb der Redaktion und des Autorenteams war die Sachlage klar: Wir wollten einen WeltCon haben. In unseren Augen würde dieses Jubiläum bei den Fans und bei der Öffentlichkeit für großes Aufsehen sorgen. Doch wie sollten wir eine solche Veranstaltung, die immerhin Zigtausende von Mark kosten sollte, der damaligen Geschäftsleitung vermitteln?

Im Frühjahr und Sommer 1995 änderte sich viel; die neuen Verlagsleiter beäugten PERRY RHODAN sehr kritisch und wollten häufig nicht verstehen, warum wir manche Dinge »anders« machten als in den anderen Zeitschriften des Hauses. Die Leserinnen und Leser von Frauenzeitschriften, Kinderheften oder Rätselzeitschriften bekamen schließlich auch keinen »teuren« Con – warum also die PERRY RHODAN-Leser? Eine Frage, die mit »unsere Leser sind eben sehr treu und auch sehr aktiv« nur unzureichend zu beantworten war ...

Dr. Florian F. Marzin, unser Chefredakteur, begab sich in Klausur und erarbeitete ein erstes grundsätzliches Konzept, das er im Sommer 1995 der VPM-Geschäftsführung präsentierte. In diesem Konzept umriss er die Geschichte der WeltCons, informierte über das amerikanische Vorbild und die bisherigen PERRY RHODAN-Großveranstaltungen und stellte klar, dass man von mindestens 2500 Teilnehmern ausgehen müsse.

Er plädierte für einen Termin im Juni oder im September 1996, wobei er sich an den Terminen für die Sommerferien orientierte. Als Veranstaltungsorte fasste er Frankfurt und das Ruhrgebiet ins Auge, sogar Kassel und Hannover standen in einer weiterreichenden Konzeption zur Auswahl.

Als »abschreckendes« Argument stellte Marzin unter der Überschrift »Geld, Geld, Geld« einen Finanzplan auf. Dabei verwies er auf den WorldCon im Jahr 1991, bei dem er es geschafft hatte, den zur Verfügung stehenden Etat nicht völlig auszuschöpfen. Immerhin kalkulierte er für 1996 mit einem Eintrittspreis von höchstens vierzig Mark pro Besucher, was er als moderat empfand.

»Verteilt auf fünf Jahre«, so Marzin, war die geforderte End-Summe schließlich nicht so hoch, wie man sie vielleicht betrachten könnte. Dafür bekomme man schließlich »kaum eine Anzeige in einer größeren Zeitschrift, ganz zu schweigen von Plakat- oder Fernsehwerbung«. Das war zu jener Zeit ein häufig gehörtes Argument der Geschäftsleitung: Man müsse groß denken, »think big« hieß das Gebot der Stunde, das allerdings außerhalb der Besprechungsrunden kaum umgesetzt wurde. Man müsse Anzeigen in großen Zeitschriften schalten, um PERRY RHODAN außerhalb der Fan-Szene bekannt zu machen; dass diese Anzeigen Zigtausende von Mark kosteten, verhinderte dann allerdings eine Schaltung. Florian Marzins Argumentation konnte in diesem Zusammenhang nur als Kritik an der Verlagsleitung verstanden werden.

Sein erstes grundlegendes Konzept verfasste Dr. Marzin am 20. April 1995. Es enthielt unter anderem detaillierte Aufstellungen über die zu erwartenden Kosten, beispielsweise die Miete für das Kongresszentrum oder schlicht die Honorare für die anwesenden Autoren. Der Fernseh- und Radio-Moderator Frank Laufenberg, der 1991 als Ehrengast durch den Con geleitet hatte, wurde ebenso aufgelistet wie die Spedition oder die geplanten Anzeigen in der Zeitschrift »Wunderwelten«.

Intern wurde über das Konzept heftig diskutiert. Verlagsleitung, Geschäftsführung und das zu jener Zeit aufgebaute »Product Management« erwogen Pro und Contra des Marzin-Plans und forderten irgendwann Nachbesserungen und weitere Konzepte und Kalkulationen. Dieses zweite Konzept erstellte Dr. Marzin am 7. Mai 1995 – dabei plante er den Con allerdings schon fürs Jahr 1997, weil Vorbereitungen für 1996 bereits so gut wie unmöglich waren.

Nun schlug er den 13. und 14. September 1997 als Termin vor; als Örtlichkeit plante er mit dem Kongresszentrum in Düsseldorf. Warum sich Marzin ausgerechnet für Düsseldorf entschied, ist leider nicht mehr nachvollziehen. Möglicherweise war die räumliche Nähe zu Fantasy Productions in Erkrath der Grund; der Verlag arbeitete zu jener Zeit an einem großen PERRY RHODAN-Computerspiel, das demnächst erscheinen sollte.

Für das Programm nannte Marzin tatsächlich Vorträge von Erich von Däniken, Johannes von Buttlar und Ernst Meckelburg. Angesichts seiner immer wieder geäußerten Abneigung gegen derlei »Nicht-Wissenschaft« ist allerdings anzunehmen, dass er diese Namen nur deshalb in den Programmentwurf aufnahm, damit die Herren in der Marketing- und Verlagsleitung etwas bekanntes vor die Augen bekamen. Im Nachhinein ist sein Frust über die andauernden Konferenzen in der Verlagsleitung nachzuvollziehen; er lässt sich auch in diesem Konzept nachvollziehen.

Bei der Finanzkalkulation ging Marzin in dieser zweiten Konzeption einen Schritt weiter: Der Preis für den Con wurde bereits mit 50 Mark beziffert, die Tageskarte sollte 30 Mark kosten. Seine Kalkulation erwartete ein erhebliches »Minus«, weil die Kosten für die Halle, die Technik, die Übernachtung von Autoren und Ehrengästen sowie vielerlei »Kleinkram« nicht von den zu erwartenden Eintrittsgeldern aufgewogen werden konnten.

Soweit das Konzept, soweit die Vorgeschichte zum geplanten WeltCon. Wenige Wochen später verließ Dr. Marzin das Haus, und dieses Konzept ging buchstäblich verloren. (Wieder einige Wochen später bekamen Sabine Bretzinger und ich den Auftrag, uns um einen WeltCon im Jahr 1996 Gedanken zu machen ... aber das ist eine ganz andere Geschichte ...) Was von dem Konzept bleibt, sind einige sehr klare Gedanken und Aufstellungen – und der Beleg dafür, dass interne Überlegungen nicht immer von Erfolg gekrönt sind.

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