06 Februar 2008

Wolfenbüttel im Februar

Ein Logbuch der Redaktion

Das diesjährige Science-Fiction-Seminar in Wolfenbüttel war in doppelter Hinsicht eine Premiere: Zum ersten Mal fand es im Februar statt – hatten wir wirklich noch nie –, und zum ersten Mal gab es für Science Fiction eine weibliche Dozentin. Als meine Partnerin wirkte am Wochenende des 1. bis 3. Februar 2008 Kathrin Lange. In den letzten Jahren hat sie in mehreren Disziplinen ihre Romane veröffentlicht: historische Romane und Jugendbücher, aber auch Science Fiction (bei PERRY RHODAN und ATLAN); Fantasy kommt demnächst hinzu.

Ich bin ein großer Fan der Bundesakademie für kulturelle Bildung in Wolfenbüttel; dabei handelt es sich um eine öffentliche Einrichtung, in der Bildende Kunst und Theater, Musik und Literatur angeboten werden. Ebenso gibt es Lesungen und Vorträge, Tagungen und Seminare. Diesmal ging es zum wiederholten Mal um den Science-Fiction-Roman. Das Motto, das sich Dr. Olaf Kutzmutz, der literarische Leiter der Akademie, ausgedacht hatte, lautete mit feiner Ironie: »Unser tägliches Brot gib uns heute.«

Insgesamt 14 Autorinnen und Autoren hatten sich eingefunden. Manche von ihnen brachten Schreiberfahrung mit, hatten beispielsweise schon Romane publiziert oder in Zeitschriften eigene Kurzgeschichten veröffentlicht. Mit Dennis Mathiak und Marc Herren waren zudem zwei PERRY RHODAN-Fans anwesend, die ihre Erfahrungen mit der Fan-Serie »Thydery« gesammelt hatten.

Am Freitagabend begannen wir mit einer Vorstellungsrunde, der sich ein Redaktionsgespräch anschloss: Kathrin Lange und ich berichteten aus dem Alltag von Autoren und Redakteuren, stellten dar, wie ein Verlag funktioniert und wofür man eine vermittelnde Literaturagentur benötigen kann.

Danach wurden Texte besprochen, die von den Teilnehmern im Voraus eingeschickt worden waren: Es handelte sich um Auszüge aus Romanprojekten, an denen sie arbeiteten. Die inhaltliche Ausrichtung unterschied sich gewaltig. Von der klassischen Space Opera bis hin zu einer traumähnlichen Geschichte war sehr viel an »fantastischem« und vor allem fantasievollen Material vorhanden.

Am Samstagmorgen leitete Kathrin Lange den Tag mit einem längeren Referat ein, in dem sie darstellte, wie ihre Karriere verlaufen war, wie sie mit Agenturen und Verlagen zusammenarbeitet und so weiter. Darüber hinaus schilderte die Autorin, wie sie Schreibprobleme überwindet oder wie sie einen Roman bis ans Ende bringt. Obwohl ich sie schon lange kenne, erfuhr ich zum ersten Mal das Geheimnis des »roten Schals«, den sie für ihre Arbeit nutzt.

Später stellten wir eine Schreibaufgabe, die den Autoren helfen sollte, den »Kern« ihres Romans besser zu fassen; natürlich wurde darüber hinterher intensiv diskutiert. Und nach dem Mittagessen ging es erst wieder an die eingereichten Texte. Wir sprachen im Verlauf des Samstags tatsächlich alle Texte durch, wobei wir uns gegen Ende beeilen mussten, um alles zu schaffen – wie immer ist ein Wochenend-Seminar für die Vielzahl der Fragen, die sich stellen, viel zu kurz.

Wir setzten diesmal eine Mischung aus Text-Diskussion, Schreibarbeiten und Referaten ein, um das Seminar abwechslungsreich und interessant zu halten. An den Seminartagen endete die Diskussion auch nach dem Schluss des offiziellen Programms nicht; meist saßen Teilnehmer und Dozenten hinterher noch stundenlang bei Bier und Wein und anderen Getränken zusammen, sprachen über Literatur und Filme und vor allem darüber, wie man aus eigenen Ideen möglichst gute Geschichten entwickelt.

Letztlich geht es ja – abseits jeglicher Genre-Grenzen – immer wieder um dasselbe: Um eine Geschichte gut erzählen zu können, müssen Autoren in der Lage sein, Charaktere ausreichend zu beschreiben, ihnen gewissermaßen »Atem einzuhauchen«, und auch Szenen so zu schildern, dass man als Leser immer mit dabei ist. Unterm Strich ist es dann egal, ob Charaktere und Szenen im Science-Fiction-Umfeld spielen, in einer historischen Zeit oder in einer komplett erfundenen Fantasy-Landschaft.

Dabei lerne ich als Co-Dozent von den Teilnehmern ebenso etwas wie von den Dozenten; das ist immer wieder bereichernd. Und deshalb freue ich mich schon jetzt aufs nächste Seminar in Wolfenbüttel!

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